Cover Dan Simmons: Kinder der Nacht. Foto: Heyne
Horror

Dan Simmons: Kinder der Nacht

Wenn es um Vampire geht, bin ich sehr zwiegespalten. Ich liebe gute Vampirstorys, aber die sind rar gesät. Meistens geht es in eine romantische, wenig gruselige Richtung, die so gar nicht mein Fall ist. Bei „Kinder der Nacht“ von Dan Simmons hatte ich große Hoffnung, dass ich hier Vampirhorror vom Feinsten bekomme.

Rumänisches Baby mit seltsamer Krankheit

Die US-Amerikanerin Dr. Kate Neuman hilft in Rumänien bei der medizinischen Versorgung von Waisenkindern. Sie ist entsetzt über die Zustände im Land, kann aber kaum etwas daran ändern. Als sie einen kleinen Waisenjungen mit einer rätselhaften Krankheit behandelt, erkennt sie ihre Chance, vielleicht doch etwas verändern zu können.

Kate adoptiert das Baby, nennt es Joshua und nimmt es mit in die USA, um ihm dort mit fortschrittlichster Medizin helfen zu können. Allerdings schafft sie das nur mit Hilfe des Priesters Michael O’Rourke und des rumänischen Medizinstudenten Lucian, denn sowohl die Adoption als auch die Ausreise gelingen nur unter schwierigsten Bedingungen.

Doch selbst in ihrer Heimat und mit den klügsten medizinischen Köpfen bleibt Joshuas Krankheit ein Rätsel. Offenbar befindet sich innerhalb seines Körpers ein Organ, das Blut verarbeitet. Je mehr sie darüber herausfindet, desto aufgeregter wird Kate: Könnte Joshuas Blut etwa AIDS heilen? Gerade als sie und ihr Team sich auf dem richtigen Weg wähnen, wird Joshua entführt.

Und Kate muss zurück nach Rumänien reisen, um ihren kleinen Jungen zurückzuholen – und vor seinem wahren Vater zu retten, der kein Geringerer ist als Dracula selbst …

Starke Protagonistin

Dan Simmons’ Roman betrachtet das Thema „Vampire“ mal von einer erfrischend anderen Seite. Mit Kate als Medizinerin wird das Ganze aus medizinischer Sicht verarbeitet. Das ist sehr interessant, manchmal aber auch zu medizinisch, etwa wenn Kate und eine Kollegin über mehrere Seiten hinweg mit Fachausdrücken nur so um sich werfen. Das passiert nicht zu oft, aber wenn, dann ist der Grat zwischen informativ und langatmig sehr schmal. Trotzdem ist es mal etwas anderes als die romantische Weichei-Version des Vampirs, wie sie leider nur allzu oft zu finden ist.

Die Story selbst hat mich nicht vollends überzeugt. Einerseits fand ich die Idee prima, vor allem die beiden Perspektiven: einmal Kates Sicht und einmal die Erinnerungen von Dracula. Aber nach den ersten 200 Seiten dachte ich, das Ganze entwickelt sich in eine komplett andere Richtung. Wie die Handlung dann tatsächlich verlief, war okay, aber so richtig glücklich war ich auch nicht damit.

Und was mir sehr gefehlt hat, war das Blut. Blutrünstige, mordende, bestialische Vampire. Düsterer Grusel mit Gänsehautfaktor. Obwohl Simmons ganz offensichtlich sehr intensiv für seine Geschichte recherchiert hat, ist dadurch der Horror ein bisschen auf der Strecke geblieben.

Kate als Protagonistin ist eine gute Wahl: Sie ist stark, selbstbewusst, verbissen und kämpft für das, was ihr wichtig ist. Unterstützt wird sie dabei von dem undurchsichtigen Rumänen Lucian und dem Priester Michael O’Rourke (wer „Sommer der Nacht“ gelesen hat, wird sich hier ganz besonders freuen). Aber wem kann man trauen und wer ist vielleicht ein Verräter?

Blutarmer Horror

Stilistisch zeigt Dan Simmons auch in „Kinder der Nacht“ sein ganzes Können. Das Vampirthema wird erfrischend anders präsentiert, was ihn wohltuend von der breiten Masse an romantischen Vampir-Romanen abhebt. Aber mir persönlich war es zu blutarm und zu ungruselig.

6/10 Rumänien-Reisen

Die nackten Fakten

Deutscher Titel: Kinder der Nacht
Originaltitel: Children of the Night
Autor: Dan Simmons
Verlag: Heyne
ISBN: 9783453521650
Erscheinungsjahr: 1993
Seitenzahl: 672

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