Bryn Greenwood: Unser leichtfertiger Eid. Cover: Festa
Liebesroman

Highlight – Bryn Greenwood: Unser leichtfertiger Eid

„Unser leichtfertiger Eid“ von Bryn Greenwood wurde mir freundlicherweise als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Das hat aber keinen Einfluss auf meine Bewertung. Wie ihr vermutlich mittlerweile wisst, bin ich nicht der größte Fan von Liebesromanen. Was also hat mich geritten, mir ausgerechnet dieses Buch auszusuchen? Ich habe keine Ahnung. Vielleicht, weil ich schon viel Gutes über „All die Finsternis inmitten der Sterne“ von Greenwood gehört habe. Jedenfalls wollte ich mich mal wieder an einem Liebesroman versuchen.

Der Champion und seine Lady

Zhorzha, die von allen nur Zee genannt wird, gehört nicht unbedingt zu den Menschen, die ihr Leben voll im Griff haben. Sie hat keine eigene Wohnung, sondern lebt bei ihrer Schwester LaReigne und deren Familie, was immer wieder für Zündstoff sorgt. Ihre Mom ist ein Messie, ihr Vater saß jahrelang im Gefängnis, bis er starb. Zee schlägt sich mit Gelegenheitsjobs und dem Verticken von Drogen durch.

Eine seltsame Konstante in ihrem Leben bildet der autistische Gentry, den sie bei der Physiotherapie kennenlernt. Gentry ist ein komischer Kauz für Zee: Er spricht so antiquiert, als wäre er direkt dem Mittelalter entsprungen. Zee nennt er stets „Lady Zhorzha“ und sich selbst sieht er als Zees Champion, dem nichts wichtiger ist als das Wohlergehen seiner Lady.

Da bricht eine Katastrophe in Zees sowieso chaotisches Leben herein. Ihre Schwester LaReigne, die ehrenamtlich im Gefängnis arbeitet, wird bei einem Ausbruch entführt. Die Polizei kommt keinen Schritt weiter, also beschließt Zee, die Befreiung ihrer Schwester selbst in die Hand zu nehmen. Gentry steht ihr ritterlich zur Seite. Aber das Abenteuer, in das sie sich gemeinsam stürzen, wird beide für immer verändern.

Alles andere als gewöhnlich

Jaja, Liebesromane und ich – da gibt es keine große Verbundenheit. Umso überraschter war ich, wie schnell ich mich in „Unser leichtfertiger Eid“ verknallt habe. Die ersten 20, 30 Seiten habe ich noch gebraucht, um mich zu orientieren. Wer ist wer, was ist passiert, wie geht es weiter … Und dann war ich mittendrin in der Geschichte und habe das Buch regelrecht verschlungen.

Was mir besonders gut gefallen hat, war der simple Umstand, dass es keine gewöhnliche Liebesgeschichte war, die sich da entwickelt. Gentry ist Autist und spricht antiquiert, was mich auf den ersten Seiten genervt und später bezaubert hat. Zee widerspricht in Aussehen und Verhalten sämtlichen Klischees, die man aus dem Genre so kennt.

Anfangs konnte ich mir überhaupt nicht vorstellen, wie diese beiden so unterschiedlichen Menschen, die aus völlig unterschiedlichen Welten stammen, zueinander finden sollen. Wie Greenwood diese Beziehung, die erst nur Mittel zum Zweck ist (Zee nennt Gentry ihren Stalker, lässt sich aber trotzdem von ihm zur Therapie und zurück fahren) und später eine wunderbare Tiefe erhält, Stück für Stück ausarbeitet, hat mich sehr beeindruckt.

Handlung und Liebesgeschichte in Balance

Die Nebencharaktere schließen sich den Protagonisten an: Sie sind skurril, witzig oder beides – und keiner ist langweilig. Ob Zees Messie-Mom oder Gentrys LARP-affinen Freunde, jeder bringt seine eigene Geschichte mit. Greenwood scheut auch nicht davor zurück, unsympathische Figuren zu zeichnen oder ihre Figuren so handeln zu lassen, dass sie an Sympathie verlieren. Das ist mutig und klasse!

Und auch die Geschichte wandelt nicht auf ausgetretenen Pfaden. Die eine oder andere unerwartete Wendung macht das Ganze zum regelrechten Pageturner. Dabei halten sich Story und Liebesgeschichte schön die Waage. LaReignes Entführung und der Versuch, sie zu befreien, ist genauso spannend wie die langsame Annäherung, die zwischen Zee und Gentry stattfindet. Und ohne zu viel zu verraten: „Unser leichtfertiger Eid“ birgt eine so ungewöhnliche, kreative und intensive Sexszene, wie ich sie noch in keinem anderen Roman gelesen habe.

Habe ich schon vom Stil geschwärmt? Denn Greenwood hat es wirklich total drauf. Mal abgesehen davon, dass mir die Charaktere und die Story super gefallen haben, ist das Ganze in einem poetischen, kurzweiligen Stil verfasst. Skurrile Szenen, eine gute Portion trockenen Humors und genau die richtige Menge an Gefühl fügen sich perfekt zusammen. Es wird nie schmalzig, nie kitschig, bewahrt sich aber auch einen besonderen Zauber, der unter die Haut geht. Und deswegen gehört dieser Roman zu meinen Jahreshighlights.

Ein ganz besonderes Kleinod

„Unser leichtfertiger Eid“ von Bryn Greenwood ist zu Recht in der „Must Read“-Reihe des Festa Verlags zu finden. Poetisch und skurril, authentisch und bezaubernd, kurios und spannend – dieser Roman hat mich tief berührt und glücklich gemacht. Ein ganz besonderes Kleinod auf dem Buchmarkt, dem ich ein noch größeres Publikum und sehr viele begeisterte Fans wünsche. Ich bin sehr froh, diesen Schatz entdeckt zu haben.

10/10 Champions

Die nackten Fakten

Deutscher Titel: Unser leichtfertiger Eid
Originaltitel: The Reckless Oath We Made
Autor: Bryn Greenwood
Verlag: Festa
ISBN: 9783865529442
Erscheinungsjahr: 2021
Seitenzahl: 538

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